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Schwalben(vögel) – Hirundinidae
Artenportraits:   Hirundinidae ·  Mehlschwalbe ·  Rauchschwalbe ·  Uferschwalbe

Schwalben zählen – anders als Mauersegler, mit denen sie manchmal verwechselt werden – taxonomisch zu den Singvögeln (Passeriformes), und auch wenn deren Gesang bekanntlich nur für Konkurrenten und Brutpartner, nicht aber für uns Menschen bestimmt ist, so kann sich das Zwitschern speziell der Rauchschwalbe auch für den Vogelfreund durchaus hören lassen: Wer in den Ferien gerne um 5 Uhr aufsteht, sollte ein Zimmer in einem Bauernhaus buchen, unter dessen überstehendem Dach ein Rauchschwalbenpaar brütet!
    Auffällig, um nicht zu sagen begeisternd, ist der elegante schnelle und wendige Flug der Schwalben: Sie erbeuten ihre Nahrung – fliegende oder schwebende Kleintiere – mit ihrem breiten Schnabel im freien Flug. Nach Mitteleuropa kommen sie deshalb nur zur Brutzeit, also von April bis maximal Oktober; die kalte, dunkle und nahrungsarme Jahreszeit verbringen diese Zugvögel meist in Afrika. Im deutschsprachigen Europa sind – sofern sie ihre artspezifischen Lebensräume vorfinden – flächendeckend drei Schwalbenarten verbreitet, die nachfolgend vorgestellt werden; inselartig kommt außerdem von der Schweiz bis Österreich eine vierte Art vor: die Felsenschwalbe (Ptyonoprogne rupestris). Die Arten sind nicht schwer zu unterscheiden:

Mehlschwalbe (Delichon urbicum)
Mehlschwalbe (Delichon urbicum) im Nest · Hooksiel, 29.6.2020

4 Rauchschwalbenkinder
Vier kleine Rauchschwalben (Hirundo rustica) warten auf Futter · Stall in Much, 01.09.2021

Die Mehlschwalbe und die Rauchschwalbe sind Kulturfolger: Seit der Mensch seßhaft wurde, profitieren sie von seiner Landwirtschaft. In der Nähe von Gehöften ist traditionell ausreichend Insektennahrung zu finden; Lehmpfützen bieten das begehrte Nestbaumaterial, Hauswände und Stalldecken geeignete Niststandorte. Heute sind genau hier die Gründe für Bestandsrückgänge zu suchen: Die Einzelviehhaltung wird aufgegeben zugunsten von Massenviehhaltung in modernen, geschlossenen (Wellblech-) "Produktionshallen", Wohnhäuser werden durch "gepflegte" Stadthäuser ersetzt, unbefestigte Wege werden "ordentlich" asphaltiert, Insektizide vergiften und verringern das Nahrungsangebot etc. Mit diesem Wandel einher geht leider manchmal ein unnatürlicher "Ordnungssinn", der Misthaufen, Wiese und Gemüsebeet durch Komposthaufen, Zierrasen und Blumenbeet ersetzt und auch auf eine makellose Hauswand Wert legt: Kotspritzer von Schwalben sind hier unerwünscht, also werden ihre Nester entfernt.

Auf eine entsprechende Anfrage teilte z. B. das Umweltministerium des Landes Nordrhein-Westfalen im August 1998 mit,

..., dass es nach § 20f Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in der Tat verboten ist, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten von geschützten Vogelarten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Die Schwalben gehören zu den geschützten Vogelarten.

Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist zweifelhaft, ob unter den Begriff der "Natur" nicht nur Örtlichkeiten im unbesiedelten Bereich, sondern auch solche hierunter fallen, die sich im besiedelten Bereich befinden. Zweifelhaft ist außerdem, ob auch der unmittelbare Wohnbereich des Menschen, also Wohnhäuser, hierzu gehören.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dies in einer Entscheidung aus dem Jahre 1990 (OLG Düsdeldorf, Natur und Recht 1990, Seiten 185 ff) hinsichtlich der Entfernung im Bau befindlicher Schwalbennester in einer Garage verneint. Dies deshalb, weil die bestimmungsgemäße Nutzung dieser Garage nicht beeinträchtigt werden dürfe. Nach Meinung des OLG Düsseldorf kommt der Schutz des §20f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur solchen Lebensstätten zu, die sich in der Natur befinden. Hierzu gehört aber – auch in besiedelten Gebieten – nicht der Bereich, den der Mensch für seine ausschließliche und persönliche Nutzung ausgegrenzt hat.

Diese Entscheidung ist in der Folgezeit kritisiert worden. Schwalben sind nun einmal an menschliche Behausungen gebunden, das ist eben ihre Natur. Den Schwalben geht es deshalb so schlecht, weil ihre Nester abgeschlagen und durch Versiegelung der Bodenflächen sie der Baumaterialien beraubt werden.

Weitgehend unstrittig ist dagegen nur, dass Schwalbennester z. B. in Ställen, weil sie nicht ausschließlich zu dem vom Menschen bewohnten Bereich gehören, geschützt sind.

Selbst wenn man der Auffassung zuneigt, dass Schwalbennester an den Außenfronten von Wohnhäusern geschützt sind, könnten sich Personen, die diese entfernen, auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf berufen, so dass sie in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht mit einem Bußgeld belegt werden könnten.

Im Gegensatz zur Entscheidung des OLG Düsseldorf neigt das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NRW der Auffassung zu, dass jedenfalls solche Schwalbennester an Außenfronten der Häuser, die von Schwalben bewohnt sind, den Schutz des §20f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG genießen. Damit würde ein Mindestschutz für die Schwalben erreicht, die es in unserer zivilisierten und technisierten Welt viel schwerer haben, als dies in früheren Jahrhunderten in den ländlich geprägten Regionen der Fall war.

Die Beseitigung von nicht bewohnten Schwalbennestern wird aber zulässig sein, wenn z. B. Reparaturarbeiten an Häusern durchgeführt werden. Die anschließende Verhinderung des Neubaus von Schwalbennestern durch technische Einrichtungen unterliegt dagegen nicht den Verboten des §20f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG.

Man fragt sich, wann sich die Politik in dieser Frage durch eine gesetzliche Neuregelung endlich durchsetzt. In der Zwischenzeit ist das Engagement naturverbundener Menschen besonders wichtig: einmal durch direkte Nisthilfen insbesondere für Mehlschwalben, zum anderen indirekt als Vorbild zum Nachahmen:

Nistkasten-Typ 12

Auch für Schwalben bietet der Handel vorgefertigte Nester an: Einzelnester für Rauchschwalben, Doppelnester für Mehlschwalben. Letztere werden direkt unter einem Dachvorsprung angedübelt, und mindestens 30 cm darunter sollte ein 20–25 cm breites Kotbrett die Hauswand, die Fensterbretter und den Hauseingang sauberhalten. Man kann den Vögeln allerdings auch auf einfachere Weise helfen, zumal fertige Nisthilfen manchmal längere Zeit verschmäht werden:

Man dübelt eine ca. 3 cm dicke Hartholz-Latte 10 cm unterhalb eines Dachvorsprungs an die Hauswand, die hier Rauhputz ohne wasserabweisende Kunststoffarben haben sollte: Sowohl die Latte als auch der rauhe Untergrund erleichtern das Ankleben des Nestes. Das Kotbrett läßt sich wie ein Regalbrett mit Metallwinkeln anschrauben oder auch mit Draht aufhängen. Um übrigens die Mehlschalben davon abzuhalten, sich unter dem Kotbrett statt des Dachvorsprungs anzusiedeln, kann man unter dem Kotbrett noch ein schräges Stützbrett anbringen.
    Eine Alternative zur "Nistlatte" stellt ein "Hängeschrank" bzw. Regal mit vorne offenen Fächern dar: Die Koloniebrüter bauen nebeneinander in den Fächern, die im Herbst gesäubert werden solten, da sich der Kot hier sammelt. Die Konstruktion ist sehr einfach: Man nagelt oder (besser) schraubt die fünf Seiten- und Zwischenwände in gleichen Abständen auf die Rückwand, so daß vier Zwischenräume bzw. Abteile entstehen; dann schraubt man das Dach- und das Bodenbrett auf – fertig.

Dach und BodenRückwandSeiten- und Zwischenwände
2 Stück à 100 x 25 cm1 Stück à 100 x 20 cm5 Stück à 23 x 20 cm

Als Baumaterial benötigen Schwalben feuchten Lehm, wie er in Schlammpfützen auf nicht asphaltierten Wegen oder am schlammigen Ufer von Kleingewässern zu finden ist. Wenn solche Stellen verlorengegangen sind, müssen sie wieder künstlich geschaffen werden – sonst kann sich kein Bruterfolg einstellen.

Um den gefährdeten Uferschwalben zu helfen, sollte man sich in einem Naturschutzverein (siehe Kontakte) oder auch politisch engagieren.

Literatur: Verweise:

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