|
Gegenspieler (Antagonisten) der Libellen
Libellen haben sich seit Jahrmillionen wie alle Organismen in unterschiedlichen Biotopen und Biozönosen, also mit diversen Antagonisten und gegen sie entwickelt: Prädatoren (Beutegreifer, Freßfeinde) und auch Parasiten. Libellen sind zwar erfolgreiche Jäger, aber auch selbst Beute anderer Jäger und Wirte diverser Schmarotzer.
Prädatoren, die Libellen erbeuten bzw. fressen
- Spinnentiere (Arachnida)
Erfolgreiche Libellenjäger sind unter den Echten Webspinnen (Araneomorphae) vor allem jene Arten, die Fangnetze bauen und in den Familien der Araneidae, Linyphiidae, Theridiidae und Agelenidae zu finden sind; Radnetzspinnen (Araneidae) wie die Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) und Vierfleck-Kreuzspinne (Araneus quadratus), die Kürbisspinne (Araniella cucurbitina), die Spaltenkreuzspinne (Nuctenea umbratica) oder die Wespenspinne (Argiope bruennichi) sind vielen Menschen bekannt. Die "Netzbetreiber" brauchen sich nicht auf einen gefährlichen Zweikampf mit den (viel) größeren Libellen einlassen; sie warten ab, bis ihre Beute sich in den Spinnfäden unentrinnbar verstrickt hat und sich gegen den Lähmungs- bzw. Todesbiß nicht mehr wehren kann.
- Insekten / Kerbtiere (Insecta)
- Hautflügler (Hymenoptera) > Taillenwespen (Apocrita) > Stechimmen (Aculeata) > Überfamilie Vespoidea
"Wespen" sind die ersten karnivoren Insekten, die man als potentielle Beutegreifer bzw. Freßfeinde von Libellen "verdächtigen" würde. "Die Wespen" gibt es allerdings im wissenschaftlichen Sinne nicht; der "Verdacht" richtet sich gegen die "Faltenwespen" (Familie Vespidae), genauer: gegen Arten aus drei ihrer Unterfamilien: Lehmwespen (Eumeninae), Feldwespen (Polistinae) und Echte Wespen (Vespinae). Während Lehmwespen ihre Nistzellen mit Schmetterlingsraupen oder/und Käferlarven verproviantieren, füttern Feldwespen und Echte Wespen, die man aufgrund ihrer aus Zellulose gefertigten Gemeinschaftsnester auch als "Papierwespen" bezeichnet, ihren Nachwuchs mit dem Fleisch aller Beute, die sie überwältigen können. Die größte (für Menschen eher harmlose) Echte Wespe ist die Hornisse.
Laien weitgendst unbekannt sind die Erzwespen (Chalcidoidea): Parasitoide, deren kleinere Arten nicht nur in den Kokons etwa von Mauerbienen (Osmia spec.) in Bienennisthilfen zu finden sind: Die kleinsten entwickeln sich sogar in Libelleneiern.
Eine erfolgreiche Jagd auf die viel größeren, fluggewandten (und selber karnivoren) Libellen mag wenig erfolgversprechend scheinen, doch sind die "zarten" Kleinlibellen (Zygoptera) keine allzu große Herausforderung, und selbst Großlibellen (Anisoptera) haben Schwachstellen: Subadulte Insekten müssen sich oft häuten, um das Imaginalstadium zu erreichen, und während und kurz nach einer Häutung können sie aufgrund ihrer Immobilität und ihres noch nicht ausgehärteten Panzers selbst zur Beute anderer Prädatoren werden. Im Falle der Libellen finden die allermeisten Häutungen im Wasser oder in Feuchtbiotop-Substraten statt (wo ihre Larven für terrestrische Jäger kaum sichtbar und schlecht erreichbar sind), die letzte allerdings, die Emergenz, entläßt die geschlüpfte Imago zunächst gut sichtbar in ihren letzten Lebensabschnitt: Bis zum Jungfernflug und auch noch während dessen sind sie mindestens eine Stunde lang gegen Attacken wehrlos. Was für ganz junge Libellen gilt, gilt auch für ganz alte sowie durch Hunger und Kälte geschwächte ...
- Libellen (Odonata) > Großlibellen (Anisoptera) & Kleinlibellen (Zygoptera)
Libellen sind Karnivoren; da liegt es nahe, daß Libellen auch Libellen fressen: Die stärkere frißt die schwächere, wobei die schwächere nicht unbedingt die kleinere sein muß: frisch geschlüpfte Libellen mit noch weichem, nicht ausgehärteten Panzer oder nach einer kalten Nacht ausgekühlte Individuen werden hungrigen Alttieren, die ihre Betriebstemperatur erreicht haben, schnell zur Beute.
- Wanzen (Heteroptera) > Wasserläufer i.e.S. (Gerridae)
Zu den wenigen Wasserinsekten, welche Libellen fressen, zählen die "Wasserläufer": Wanzen, die sich mit einer wasserabweisenden (hydrophobe) Behaarung und einem Haftläppchen (Arolium) am Ende ihrer langen Mittel- und Hinterbeine an ein ständiges Leben auf Wasseroberflächen angepaßt haben. Oft saugen sie auf dem Wasser treibende Libellen rudelweise aus. Diese allerdings dürften in der Regel schon zuvor an Altersschwäche oder auf andere Weise zu Tode gekommen sein.
- Zweiflügler (Diptera) > Fliegen (Brachycera)
Fliegen, die Libellen erbeuten? In der Regel ist es wohl umgekehrt, allerdings gehören zu den Fliegen auch die Raubfliegen (Asilidae), unter denen einige durchaus auch Kleinlibellen erbeuten.
- Schnabelfliegen (Mecoptera) > Skorpionsfliegen (Panorpidae)
Skorpionsfliegen sind saprophag, sie ernähren sich mit ihren kauend-beißenden Mundwerkzeuge vor allem von toten und verletzten Insekten, u. a. von solchen einschließlich Libellen, die Spinnen in ihren Fangnetzen erbeutet haben. (Beispiel: Argiope bruennichi, die Wespenspinne, siehe: Spinnen)
- Fische (Pisces)
Bekanntlich jagen etliche Fischarten (z. B. Forellen) Fluginsekten wie etwa Eintagsfliegen (Ephemeroptera), die in der "Fliegenfischerei" imitiert werden. Natürlich fangen größere Fische auch an der Wasseroberfläche fliegende und dort laichende Libellen, und unter Wasser fressen sie ihre Larven, weshalb fischfreie Gewässer für Libellen (wie für Amphibien) im Prinzip die besseren Habitate sind. Umgekehrt erbeuten aber große Libellenlarven auch Jungfische.
- Amphibien / Lurche (Amphibia) > Schwanzlurche (Caudata) & Froschlurche (Anura)
Daß Frösche aus dem Wasser schnellen und mit aufgerissenem Maul nach Libellen schnappen, weiß jeder, der eine entsprechende Natur-Dokumentation gesehen hat oder selbst an einem Gewässer Zeuge eines solchen Beutefang(versuch)s war. Mehr noch als im Flug sind Libellen allerdings auf der Wasseroberfläche gefährdet, wenn sie ihre Eier ablegen: Dann können sie sogar die Beute eines Molchs werden. Umgekehrt jagen Libellenlarven erfolgreich den Amphibien-Nachwuchs: die Kaulquappen.
- Reptilien / Kriechtiere (Reptilia) > Echte Eidechsen (Lacertidae)
Wer einmal beobachten konnte, wie eine unbeweglich liegende Eidechse plötzlich in einem Sekundenbruchteil ein fliegendes Insekt aus der Luft schnappt, kann sich vorstellen, daß ihre Beute auch eine Libelle sein kann.
- Vögel (Aves)
Ein geschickter Libellenjäger ist nicht nur der bunte Bienenfresser (Merops apiaster), ein gut Amsel-großer seltener, aber dennoch vielen Vogelfreunden bekannter Insektenjäger aus der Ordnung der Rackenvögel (Coraciiformes), und ebenso der Baumfalke (Falco subbuteo). Die vielen "Insektenfresser" unter den Singvögeln (Passeri) werden nicht zufällig so genannt, Fliegenschnäpper-Arten (Muscicapidae) wie Grauschnäpper, Rotkehlchen, Rotschwänzchen etc. schnappen sich gerne auch Kleinlibellen, und die ebenfalls zu den Singvögeln zählenden Rabenvögel (Corvidae) sind bekanntlich Allesfresser.
- Säugetiere (Mammalia)
Für Spitzmäuse, Marder, Katzen, Wildschweine etc. sind die Larven und Imagines der Libellen eher willkommene Beifänge. Andererseits findet sich unter den Säugern der gefährlichste Feind der Libellen: der Mensch: Er gefährdet die Libellen nicht direkt (etwa durch Jagd), sondern umso effektiver indirekt durch die Zerstörung ihrer Habitate.
- Pflanzen (Plantae)
Pflanzen? Tatsächlich zählen sogar Pflanzen zu den Freßfeinden der Libellen, nämlich die Karnivoren (Fleischfresser) unter ihnen. Sie können auf sehr nährstoffarmen Böden leben, indem sie den Stickstoff ihrer Beutetiere verwerten. Die auch in Europa vorkommenden Sonnentau-Arten (Familie Droseraceae) besitzen an ihren Blättern Klebedrüsen zum Beutefang. Vor allem Kleinlibellen haben oft nicht die Kraft, sich aus einer solchen Klebefalle loszureißen.
Parasiten, die Libellen befallen
Zu unterscheiden sind zwei Parasiten-Gruppen: Endoparasiten ('Innenparasiten') und Ektoparasiten ('Außenparasiten'):
- Ektoparasiten sitzen sichtbar auf ihrem Wirt und ernähren sich saugend oder beißend von seiner Körpersubstanz. Die häufigsten an Libellen zu beobchtenden Ektoparasiten sind Larven von Wassermilben, bei uns solche der Gattung Arrenurus. (Taxonomie: Klasse: Arachnida (Spinnentiere) > Unterklasse: Acari (Milben), Überordnung: Acariformes > Ordnung: Trombidiformes > Familie Arrenuridae.)
Auch Gnitzen bzw. Bartmücken (Ceratopogonidae) zählen zu den Ektoparasiten der Libellen: Während die Männchen nur Pflanzensäfte saugen, saugen die Weibchen der meisten Arten Blut bzw. Hämolymphe.
- Endoparasiten von Libellen sind verschiedene Würmer, etwa Euchortlodes libellulovivens
Heinze 1937, ein "Saitenwurm" (Klasse Nematomorpha). Ebenso bekannt, wenn auch wenig erforscht, sind die Gregarinen: Protozoen bzw. "Urtierchen", die im Darm oder anderen Körperhöhlen diverser wirbelloser Wirte schmarotzen.
|